{"id":9700,"date":"2024-06-26T10:17:58","date_gmt":"2024-06-26T08:17:58","guid":{"rendered":"https:\/\/wochederabfallvermeidung.de\/?p=9700"},"modified":"2024-07-04T14:01:37","modified_gmt":"2024-07-04T12:01:37","slug":"klimaneutralitaet-woche-der-umwelt","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochederabfallvermeidung.de\/klimaneutralitaet-woche-der-umwelt\/","title":{"rendered":"Zusammen f\u00fcr Klimaneutralit\u00e4t: Die Woche der Umwelt in Berlin \u2013 ein pers\u00f6nliches Protokoll"},"content":{"rendered":"\n

Eine Zeltstadt mitten in Berlin? Auf den ersten Blick sah es tats\u00e4chlich so aus, als w\u00e4re quasi \u00fcber Nacht am 4. und 5. Juni 2024 eine Zeltstadt im Berliner Bezirk Tiergarten entstanden – und zwar direkt vor dem Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespr\u00e4sidenten. An zwei Tagen tummelten sich dort viele kleine, mittelgro\u00dfe und einige gro\u00dfe Zelte von fast 200 Ausstellern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Technik, Forschung und Zivilgesellschaft. Auf Einladung des Bundespr\u00e4sidenten und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) pr\u00e4sentierten sie auf der \u201eWoche der Umwelt\u201c die neuesten L\u00f6sungsans\u00e4tze und positive Praxisbeispiele f\u00fcr eine klimaneutrale Wirtschaft \u2013 und Gesellschaft. Denn dass jede und jeder Einzelne von uns umdenken muss, wurde in fast jedem Panel auf der Fachb\u00fchne, in den Diskussionen in den Forenzelten und in den Gespr\u00e4chen unter den Ausstellenden und G\u00e4sten deutlich.

„Lassen Sie uns Klima- und Artenschutz zur gemeinsamen Sache machen f\u00fcr ein Leben in Respekt vor der Natur“, forderte auch Bundespr\u00e4sident Frank-Walter Steinmeier in seiner Er\u00f6ffnungsrede. Damit griff der Gastgeber auch den Leitspruch der Woche der Umwelt auf: In diesem Jahr fand sie unter dem Motto „Zusammen f\u00fcr Klimaneutralit\u00e4t“ statt.
„Wir k\u00f6nnen Wohlstand erhalten\u201c, betonte Steinmeier, \u201eund \u00f6kologischen Umbau gerecht gestalten, in Deutschland und Europa. Wir m\u00fcssen es nur tun, wir alle als B\u00fcrgerinnen und B\u00fcrger.“

Die Kosten der Klimakrise gingen bereits jetzt in die Milliarden, so Steinmeier weiter, zudem sei eine gewisse Ver\u00e4nderungsm\u00fcdigkeit erkennbar. Und doch sei er \u00fcberzeugt, dass es gelinge, „m\u00f6glichst viele dieser Menschen f\u00fcr den demokratischen Kampf gegen die Erderw\u00e4rmung zu gewinnen und manche, die wir verloren haben in den letzten Jahren, zur\u00fcckzugewinnen. \u00dcberall ist jetzt Tatkraft gefragt.“ Und die Woche der Umwelt zeige, „es ist alles da, was wir brauchen, um unser Land zu einem klimaneutralen Industrie- und Exportland zu machen, zu einem Land, in dem wir Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit verbinden, zu einem Land, das zum Vorbild f\u00fcr andere werden kann und so weltweit zum Klimaschutz beitr\u00e4gt.“<\/p>\n\n\n\n

Politprominenz meets Wissenschaft<\/h2>\n\n\n\n

Auf der B\u00fchne kamen und gingen die Bundesministerinnen und \u2013minister. So diskutierte die Bundesministerin f\u00fcr Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Klara Geywitz, zum Thema nachhaltiges Bauen.

In der Diskussion ging es unter anderem um die Charta f\u00fcr Holz und nachwachsende Rohstoffe an sich, aber auch um den Einsatz von Recyclingmaterialien im Bauwesen. Die Teilnehmer waren sich einig, dass es kreislauff\u00e4hige Baustoffe brauche und bereits existierender Baubestand erhalten und weiterentwickelt werden m\u00fcsse.

Habeck: \u201eManchmal muss man ein neues Modell riskieren\u201c

Gleiche Stelle, anderes Thema: Sp\u00e4ter diskutierte auf der Fachb\u00fchne Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck unter Moderation von Cath\u00e9rine Kippe von der ZDF-Umweltredaktion mit der Wirtschaftsweisen Prof. Dr. Monika Grimm und Dr. Marie-Luise Wolff, BDEW-Pr\u00e4sidentin sowie mit Dr. Sapna Suri, RWE, und dem Youtuber Cedric Engels zum Thema \u201eWasserstoff – Hype or Hope?\u201c Darin ging es um die Chancen der Umstellung der Industrie auf einen der wohl gr\u00f6\u00dften Hoffnungstr\u00e4ger f\u00fcr die Energiewende: Wasserstoff. Und darum, welche internationalen Kooperationen n\u00f6tig sind, um sogenannten gr\u00fcnen Wasserstoff in ausreichenden Mengen zu beschaffen.<\/p>\n\n\n\n

Mobilisierung von Gesundheitswesen, Politik und Gesellschaft, um den Planeten zu sch\u00fctzen<\/h3>\n\n\n\n

Dass f\u00fcr die Gesunderhaltung der Menschheit vor allem eine gesunde Erde essenziell ist, daf\u00fcr pl\u00e4dierte Arzt und Wissenschaftsjournalist Dr. Eckart von Hirschhausen am Nachmittag auf der Fachb\u00fchne. Mit seiner Stiftung \u201eGesunde Erde \u2013 gesunde Menschen\u201c m\u00f6chte er Gesundheitswesen, Politik und Gesellschaft mobilisieren, um den Planeten zu sch\u00fctzen: \u201eUnser aller Ziel muss die Gesunderhaltung der nat\u00fcrlichen Lebensgrundlagen sein\u201c. F\u00fcr eine enkeltaugliche Zukunft, also f\u00fcr ein gesundes und friedliches Miteinander, sei es essenziell, Luft und Wasser rein und Pflanzen und Tiere gesund zu erhalten, so Hirschhausens Credo.  

Circular Economy: Reparatur goes Suffizienz, wenn es gut l\u00e4uft

Unter dem Titel \u201eSuffizienz und Reparatur: Das Erfolgskonzept f\u00fcr eine Circular Economy\u201c diskutierten mehrere Doktorandinnen der BTU Cottbus-Senftenberg mit Katrin Meyer, Projektkoordinatorin des \u201eRunden Tisches Reparatur\u201c und Susanne Kadner, Co-Gr\u00fcnderin der Circular Republic, dar\u00fcber, welche L\u00f6sungen es f\u00fcr eine gen\u00fcgsame und weniger konsumabh\u00e4ngige Zukunft geben kann.

Unter dem Stichwort \u201eSuffizienz\u201c sind – in der Theorie – alle Strategien zusammengefasst, mit deren Hilfe – in der Praxis – Produktion und Konsum in absoluten Mengen reduziert werden k\u00f6nnen. Eine besonders effektive Suffizienz-Ma\u00dfnahme liegt in der Reparatur: Sie verl\u00e4ngert die Lebensdauer von defekten Produkten oft deutlich und tr\u00e4gt damit dazu bei, dass CO2-Emissionen und der Verbrauch nat\u00fcrlicher Ressourcen abnehmen. Daher sollte die Unterst\u00fctzung von Reparatur und somit der l\u00e4ngeren Nutzung von Produkten in einer Circular Economy h\u00f6chste Priorit\u00e4t haben.<\/p>\n\n\n\n

Der zweite Tag, Mittwoch, 5.6.2024: Bundesumweltministerin Steffi Lemke und neue Strukturen und Prozesse zum Schutz der Biodiversit\u00e4t<\/h3>\n\n\n\n

Wenn die Rede von der Klimakrise ist, muss auch die Biodiversit\u00e4t mitgedacht werden. Welche neuen Strukturen und Prozesse sind zum Schutz der Biodiversit\u00e4t notwendig? Und wie k\u00f6nnen auf diese Weise das Artensterben gestoppt und zudem Nahrungsgrundlagen und die Natur global gesichert werden? Darum ging es im Panel \u201eBye Bye Artensterben – so sichern wir Nahrung und Natur\u201c mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Silke Gori\u00dfen, Ministerin f\u00fcr Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen, sowie Mechthild M\u00f6llekamp, Vizepr\u00e4sidentin des Handelsverbandes Deutschland, mit Prof. Dr. Kai Niebert, Pr\u00e4sident des deutschen Naturschutzrings und Prof. Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums f\u00fcr Naturkunde Berlin.<\/p>\n\n\n\n

Zu Risiken und Nebenwirkungen: Die gr\u00fcne Transformation<\/h3>\n\n\n\n

Dass die gr\u00fcne Transformation neben vielen Chancen auch neue gesellschaftliche Herausforderungen mit sich bringt, angefangen vom lokalen Level klima- und gesundheitsresilienter St\u00e4dte bis hin zu globalen Verteilungskonflikten, dar\u00fcber ging es im Panel \u201eWillkommen Transformation\u201c am Mittwoch auf der Fachb\u00fchne. Hierzu war die Bundesministerin f\u00fcr wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, eingeladen und diskutierte mit dem Oberb\u00fcrgermeister der Stadt Wuppertal, Prof. Dr. Uwe Schneidewind, und dem Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Raj Kollmorgen sowie Anna-Nicole Heinrich, Pr\u00e4ses der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Continental-Vorstandsmitglied Dr. Ariane Reinhart \u00fcber die Klimakrise und die Frage sozialer Gerechtigkeit.

Ob \u201eScience Slam\u201c oder \u201eGreen Start-up Pitch\u201c \u2013 die Autorin dieser Zeilen h\u00e4tte eigentlich gern \u00fcberall gleichzeitig sein wollen, etwa beim Interview mit Dirk Messner, Pr\u00e4sident des Umweltbundesamtes, der zu den dr\u00e4ngendsten Fragen zu den Themen Umweltschutz, Digitalisierung und Transformation Rede und Antwort stand. Aber auch das Netzwerken zum Thema Abfallvermeidung und dar\u00fcber hinaus kam nicht zu kurz, mit Kolleginnen und Kollegen vom VKU, aber auch mit der Zero-Waste-Agentur und der Berliner Stadtreinigung, der Bundesanstalt f\u00fcr Landwirtschaft und Ern\u00e4hrung und dem Bergischen Abfallwirtschafsverband.

Einiges gibt es nachzulesen und im Video unter https:\/\/www.woche-der-umwelt.de\/<\/a>.

Tenor: \u201eWie wir alle Teil des Problems sind, sind wir auch Teil der L\u00f6sung\u201c

Res\u00fcmee: In den beiden Tagen der Woche der Umwelt 2024 ging es um neue Wege und Kompromisse, Visionen und „Ideenkatalysatoren“, aber auch um intensiven fachlichen Austausch und beim Netzwerken vor allem auch um das \u201eWir\u201c – darum, alle mitzunehmen. Denn, so die einhellige Botschaft: \u201eWie wir alle Teil des Problems sind, sind wir auch Teil der L\u00f6sung.\u201c
\u201eWir sind hier keine Fernsehtalkshow, wir wollen nicht das Interesse der Zuschauer wecken, sondern sehen: Wo bewegen wir uns aufeinander zu?\u201c
so Bundespr\u00e4sident Frank-Walter Steinmeier.
Dies scheint aus Sicht der Autorin den Veranstaltern, dem Bundespr\u00e4sidenten und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, gelungen zu sein.

Hier nur einige der Schlussfolgerungen aus zwei Tagen Woche der Umwelt im Schlosspark von Bellevue: \u201eWir m\u00fcssen dar\u00fcber reden, wie wir Leute motivieren, es ist alles eine Frage der Kommunikation\u201c, \u201edie Klimawende braucht uns junge Menschen als Mutmacher, es lohnt sich also, die politischen Rahmenbedingungen f\u00fcr unsere Zukunft zu setzen\u201c, „auf der Woche der Umwelt kommt man mit vielen wichtigen Fachleuten und Kollegen ins Gespr\u00e4ch und direkt zum Punkt – und so zu neuen Ans\u00e4tzen und Ideen“, so der Tenor vieler G\u00e4ste und Aussteller.<\/p>\n\n\n\n

Durch die Brille des diesj\u00e4hrigen Themas der Europ\u00e4ischen Woche der Abfallvermeidung \u2013 Vermeidung von Lebensmittelabf\u00e4llen \u2013 betrachtet, war auch der Input vieler Aussteller sehr spannend: Wie ist der aktuelle Stand nachhaltiger Agrarwirtschaft und wie k\u00f6nnen etwa auch sogenannte Missfits genutzt werden, also Obst und Gem\u00fcse, deren Aussehen nicht der Norm entspricht; oder auch die Hinweisschildchen auf Fakew\u00fcrsten und Fakegem\u00fcse zu den versteckten, aber eigentlichen Kosten von Lebensmitteln am Stand der Neumarkter Lammsbr\u00e4u KG und der Technischen Hochschule N\u00fcrnberg Georg Simon Ohm – unter Ber\u00fccksichtigung von Energie, Emissionen und Landnutzungs\u00e4nderung. Und um das Thema Lebensmittel und L\u00f6sungsans\u00e4tze gegen die Verschwendung von Lebensmitteln geht es ja auch bei der diesj\u00e4hrigen Europ\u00e4ischen Woche der Abfallvermeidung vom 16. bis 24. November.<\/p>\n\n\n\n